Absenden einer E-Mail ist noch kein Nachweis für Zustellung an den Empfänger

Ein jetzt bekannt gewordenes Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg sorgt etwas für Verwirrung (siehe Artikel auf Heise). Das Gericht hat den Zugang einer E-Mail in den Machtbereich des Empfängers verneint, nachdem der Kläger vor Gericht geltend gemacht habe, er habe die Mail schließlich abgeschickt (27. November 2011, Az.: 15 Ta 2066/12).

Aufmerksame Kunden von Heinlein Support informierten uns darüber, dieses Urteil stünde im Widerspruch zu der Rechtssprechung, die wir sonst in unseren Vorträgen über die Haftungsrisiken bei gelöschten/verloren E-Mails. Doch dem ist nicht so, denn der Unterschied liegt (wie so oft) im Detail.

Wie so häufig bei den von Laien zitierten Gerichtsurteilen muß man sehr genau auf die wirklichen Details des jeweiligen Falls schauen.

Entscheidend ist, daß die Übertragung an den Empfänger nachgewiesen wird

Alle meine Fälle (die ich zitiere oder wo meine Partei gewonnen hat, nachdem ich das Parteigutachter angefertigt habe), waren immer so gestrickt, daß die absendende Partei die Übertragung an den Empfangs-SMTP-Server des Empfängers nachweisen konnte, also das 250 OK mit der Queue-ID des empfangenden Systems in den Logfiles dokumentiert war. In diesen Fällen haben uns auch höherinstanzliche Urteile unsere Sicht bestätigt, daß es am Ende nicht mehr darauf ankam, ob die Mail in der INBOX des Empfängers ankam oder nur in der Quarantäne verloren ging.

In dem von Heise zitierten Fall hat der Absender nur „abgeschickt“. Er hat genau nicht darlegen können, daß die Mailserver des Unternehmen die Mail empfangen haben. Genau das hat das Gericht aber auch von ihm gefordert, wenn man den Heise-Artikel aufmerksam liest.

Das bloße Absenden („ich habe die Mail meinem Orovider gegeben, keine Ahnung, ob der die übermittelt hat“) reicht als Nachweis logischerweise nicht aus, denn hier könnte tatsächlich auch der ISP des Absenders die Mail verloren haben. Das ist aber etwas ganz anderes, als wenn ich die Übertragung an den Empfänger nachweisen kann so daß unstrittig ist, daß nur noch der ISP oder der Empfänger selbst die Mail verloren haben kann.

Ist die E-Mail übertragen, muß sich der Empfänger ggf. Kenntnis der E-Mail zurechnen lassen

Also: In dem hier zitierten Urteil ist nichts Gegenteiliges festgestellt worden. Das ist ein ganz normales Urteil im Sinne der bisherigen Rechtssprechung und befindet sich ganz auf der von uns auch vertretenen Linie, daß eine Übertragung an die SMTP-Empfangsserver ausreichend dafür ist, daß sich der Empfänger ggf. Kenntnis der fraglichen E-Mail zurechnen lassen muß.

Mehr dazu:

  • 23. Juli 2013

  • I. Heinlein

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